
Der NSU Prozess scheint ein richtiger Dauerbrenner zu werden. Dies betrifft weniger die Frage, was den Angeklagten im Endeffekt zur Last gelegt werden kann und wie die Urteile ausfallen, sondern die öffentliche Wahrnehmung eines Strafprozesses.
Auch wenn es offensichtlich überaus verlockend ist, im Zusammenhang mit “rechten” Themen grenzwertigen Unsinn zu verzapfen, muss man dabei auf die Weiterungen achten, die dies nimmt. Was es damit nun gemeint?
Der SPD-Vorsitzende Gabriel konnte der Versuchung nicht widerstehen, die hier tätigen Verteidiger dem rechten Spektrum zuzuordnen. Richtig ist dies allerdings in Wahrheit nur für einen einzigen der tätigen Verteidiger und insbesondere die Pflichtverteidiger von Frau Tschäpe sind Strafverteidiger, die einer bestimmten politischen Richtung nicht zugeordnet sind. Insofern hat man zu geisseln, dass der Vorsitzende einer der großen Volksparteien einen solchen Unsinn verzapft wie etwa es am Wochenende auch der ungarische Ministerpräsident im Hinblick auf die Bundeskanzlerin getan hat. NS Anklänge sind offenbar unwiderstehlich. Der Fall Gabriel wiegt demgegenüber noch sehr viel schwerer, weil er sich nicht mit den rechten Taten auseinandersetzt, sondern die Verteidigung diskreditiert. Es kann nicht hoch genug eingeordnet werden, dass in einem Rechtsstaat ein Angeklagter angemessene Verteidigung findet. Das macht aber z.B. den Verteidiger in einer Bußgeldsache wegen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht zum Raser, den Verteidiger in einer Vergewaltigungssache nicht zu einem Vergewaltiger und den Verteidiger in einem Terrorismus Prozess nicht zu einem Terroristen gleich welcher Couleur. Dies muss auch in einem Wahljahr gelten!
Kritikwürdig wäre es demgegenüber gewesen, sich mit Anwälten zu befassen, die mit durchaus fragwürdigen Methoden versuchen, Opfermandate zu gewinnen. Dies kennt man aus den Vereinigten Staaten mit Anwälten, die Krankenwagen hinterherfahren um Schadensersatzmandanten zu gewinnen (so genannte Ambulance Chaser), aber ein solches Vorgehen im Umfeld des NSU Prozesses (so geschehen in Köln) ist beschämend. Insoweit sei dies hier festgestellt und gleichzeitig die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass sich die Beschäftigung mit dem NSU Prozess dort bremst, wo fundamentale Rechte eines jeden in Misskredit gebracht werden.
— Georg Garbrecht