
Der NSU Prozess gibt Anlass, einmal auf das Thema Befangenheit einzugehen. Wie sicherlich aus der Tagespresse bekannt haben sowohl die Verteidiger von Frau Tschäpe als auch einige Nebenklägervertreter Befangenheitsanträge gestellt.
Der Hintergrund dieser Anträge war sicherlich ein unterschiedlicher. Einerseits spielte das Chaos um die Presseplätze eine Rolle, andererseits ging es aber insbesondere auch um die Frage der Durchsuchung der Rechtsanwälte, während diese für Staatsanwälte nicht vorgesehen war und ist.
In einem so öffentlichen Prozess wie diesem ist es ein solcher Antrag sicherlich ein grundsätzlich verständliches Mittel dem Gericht das ausdrückliche Missfallen darüber auszusprechen, wie es agiert hat. Den Laien mag eine gewisse Ritualisierung solcher Anträge stören, aber es muss um Verständnis darum geworben werden, sich auf diese Weise zu wehren.
Klar ist auch, dass wegen der Vorfeldthemen diesen Anträgen kein Erfolg beschieden sein würde. Der Sachverhalt mit der Durchsuchung der Anwälte wäre für mich allerdings auch Anlass gewesen, einen Befangenheitsantrag zu stellen und es bleibt abzuwarten, ob dieses Thema nicht noch eine weitergehende Rolle spielen wird.
Insoweit möchte ich bei dem vielleicht staunenden oder mindestens zweifelnden Publikum Verständnis dafür wecken, dass die Anwälte hier in dieser Form agiert haben, auch wenn dies vordergründig sinnlos, weil letztlich erfolglos, wirkt. Es sind wichtige, auch rechtliche, Zeichen, die sich auch später im Rahmen eventueller Rechtsmittel durchaus noch auswirken können.
Wenn man an die mehr alltäglichen Strafverfahren denkt, spielen diese Dinge eigentlich keine große Rolle, wenn man von vereinzelten Verfahren absieht, in denen Verteidigung und Gericht in besonderer Schärfe die Klingen kreuzen. Von Verfahren bei den Landgerichten abgesehen ist dies aber nicht so häufig und findet in der Tat beim Amtsgericht nur sehr selten statt. Insoweit sollte man sich von den Presseveröffentlichungen nicht irritieren lassen. In der Mehrzahl der Fälle wird in den amtsgerichtlichen Strafverfahren zwar streitig, aber mit dem gebotenen Respekt gemeinsam nach sachangemessenen Lösungen auch in Strafverfahren gesucht.
— Georg Garbrecht